Montag, 4. Juni 2007

Auch Thomas Brussig war gedopt

Herr Brussig, unlängst haben die Radsport-Profis Aldag und Zabel zugegeben, gedopt zu haben. Dieses Geständnis hat sie nicht unberührt gelassen.

Allerdings. Denn auch ich habe über Jahre unerlaubte Substanzen genommen. In den Jahren 1992 bis 94, ein paar Monate im Jahre 1999 sowie 2001/2002 habe ich unter Doping geschrieben.

Bis heute haben Sie das immer bestritten.

Darunter habe ich, das möge man mir glauben oder auch nicht, fürchterlich gelitten. Ich habe jahrelang die Öffentlichkeit, meine Familie und meinen Lektor belogen. Es gibt dafür keine Entschuldigung. Was mir ein besonders schlechtes Gewissen bereitet, ist, daß „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“ an den Schulen durchgenommen wird, sogar Prüfungsstoff ist. Angesichts der Umstände, unter denen dieses Buch geschrieben wurde, hätte es nie Eingang in die Klassenzimmer finden dürfen.

Womit haben Sie gedopt?

Alles, was mir in die Finger kam. Ich hab mit Koffein und Vitaminen angefangen, habe es mit Höhen- und Bibliotheksluft versucht, aber das brachte nicht viel. Ich hab dann wild durcheinandergedopt: Anabole Steroide, Asthmasprays, später Epo, was weiß ich. Pillen, Cocktails, Spritzen, Sprays – ich wußte oft selbst nicht, was ich nehme.

...

Zum Schluß noch eine persönliche Frage: Wie geht es Ihnen nach Ihrem Geständnis?

Ich fühle mich sehr erleichtert, ja, wie befreit. Natürlich weiß ich, daß ich viele, viele Menschen enttäuscht habe, denen ich über Jahre den „sauberen Schriftsteller“ vorgegaukelt habe. Über meine Zukunft kann ich momentan wenig sagen. Natürlich werde ich alle meine Preise zurückgeben müssen, und ich werde für mindestens fünf Jahre gesperrt. Während dieser Zeit könnte ich als eine Art Kontaktmann fungieren für Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die auch aus diesem Dopingwahnsinn aussteigen wollen. Ich habe in den letzten Stunden auch viel Zuspruch und Solidarität erfahren, gerade aus Kollegenkreisen, und das macht mir Mut.


Quelle: www.literaturport.de

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