Freitag, 18. Juli 2008

...und keiner hört auf die Imker

Nach dem großen Bienensterben in Süddeutschland fordern Imker und Naturschützer von Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) ein Verbot gefährlicher Pestizide. «Die Folgen des Bienensterbens sind nicht nur für uns Imker verheerend. Bienen sind auch für die Bestäubung vieler Kulturpflanzen in der Landwirtschaft extrem wichtig», sagte der Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes (DBIB), Manfred Hederer, am Donnerstag in Berlin mit Blick auf die Rapsaussaat Ende August. Mehr dazu in der Netzeitung und damals schon bei k a z a k.

Lest dazu auch das Schreiben von meinem Imker-Freund Manfred Gerber:

" Schmetterling Ade - massives Insektensterben in Südhessen, Nordbaden und Baden-Württemberg

Bereits im Frühjahr 2006 habe ich in einem Vortrag und in vielen Forenbeiträgen, sowie bei den jeweiligen Landesämtern, auf ein massives Bienen- und Insektensterben in Südhessen hingewiesen.

Nach weiteren extremen Verlusten in den Folgejahren musste ich 80 Prozent meiner Bieneplätze räumen.

Die Situation hat sich seitdem massiv verschlechtert.

In weiten Gebieten in Südhessen findet man so gut wie keine Schmetterlinge oder Nutzinsekten, wie die Schwebfliege und Florfliege, mehr. Hummeln und Wildbienen findet man nur noch sehr vereinzelt.

Während der Brutzeit haben Vögel, wie z.B. die Nachtigal ihre Reviere verlassen.

Als Ursache vermutete ich 2006 das Neonikotinoid Imidachloprid.

Wahrscheinlich lag ich hier nicht ganz richtig.

Das Neonikotinoid Chlothianidin führt bei viel geringerer Dosis zum Insektentod. Dies fiel mir aber 2006 nicht auf, da es auf blühenden Pflanzen nicht angewendet wurde.

Chlothianidin ist seit 2004 in Deutschland zugelassen.

Die Halbwertszeit liegt im Mittel bei etwa 999 – 1155 Tagen. Je nach Fruchtfolge reichert sich das Gift also recht schnell im Boden an. Insbesondere in den Tonböden wird der Abbau dieses Nervengiftes noch erheblich länger dauern.

Chlothianidin , Imidachloprid, oder Friponil wirken systemisch, sind also in der ganzen Pflanze zu finden auch im Nektar und im Blütenpollen.

Beide Nervengifte wirken in sehr geringer Dosis, sind daher sehr schwer nachzuweisen.

Der LD 50 Wert für Bienen liegt bei 142 ppb (Parts per Billion) laut Bayer.

Jedoch sind selbst diese Werte noch zu hoch. Bei dem Bienesterben 2008 durch Chlothianidin wurden auch Totalausfälle bei einem Zehntel dieser Dosis festgestellt.

Nebenbei gilt LD 50 lange als unseriös. Die Grenze des Zumutbaren liegt bei 0 Toten und 0 kranken Bienen.

Eine Gründüngung im Spätjahr auf ein zuvor mit Chlothianidin behandeltes Feld, vergiftet alle Insekten die von dieser Nahrung kosten.

Neonikotinoide wirken in kleinsten Dosen tödlich.

Was zuvor als Pflanzenschutz gemeint war, vernichtet, nachdem sich das Insektengift im Boden angereichert hat, und von einer Blütenpflanze (z.B. Senf) aufgenommen wird, wichtige Nutzinsekten.

Je nachdem wie geartet das Angebot an blühenden Pflanzen ist, werden Nektar suchende Fluginsekten in einem großen Radius angelockt. Auch die Nutzinsekten benachbarter Naturschutzflächen fliegen diese späte Nahrungsquelle an.

Ein deutlicher Rückgang von Nutzinsekten war flächenbezogen bereits 2006 festzustellen.

Es sind auch die Naturschutzgebiete betroffen!

Obwohl Pflanzenschutzmittel in Naturschutzgebieten nicht eingesetzt werden dürfen, ist der Bestandsdruck auf die fliegenden Nutzinsekten durch Wildtiere (Vögel Fledermäuse) so stark, dass auch in den Rückzugsgebieten fast keine Schmetterlinge und sonstige fliegende Insekten mehr zu finden sind. Es ist zu befürchten, dass die Schmetterlingspopulationen und Nutzinsektenpopulationen auf Jahre zusammenbrechen.

Damit wäre der ganze Naturkreislauf in Gefahr. Ein wichtiger Teil der Nahrungskette unterbrochen.

Es ist bereits 5 nach 12! Als Folge dieses großräumigen Artensterbens von Schmetterlingen und fliegenden Nutzinsekten werden zahlreiche Pflanzenarten in wenigen Jahren ausgestorben sein. Die Vogelwelt leidet bereits jetzt unter der Nahrungsknappheit.

Meines Wissens ist keine der zahlreichen Nachtigallen, die letztes Jahr noch in Viernheim brüteten noch zu finden. Hier ist das Artensterben bereits in vollem Gange, denn als erstes leidet die Brut.

Fledermäuse nagen jetzt schon wegen Hunger an Früchten, was bedeutet, dass auch Falter von diesem massenhaften Sterben betroffen sind und wahrscheinlich die Brut der Fledermäuse dieses Jahr nicht überlebte.

Dies ist keine Folge der Klimaerwärmung,das kommt noch!

Lassen Sie sich nicht von fadenscheinigen Argumenten der Chemielobby täuschen, es handele sich hier um eine durchaus übliche Erscheinung, die mit irgendwelchen Wetterphänomenen in Verbindung gebracht werden könnte.

Die betroffenen Flächen befinden sich nicht nur in Südhessen sondern auch im übrigen Bundesgebiet, vor allem aber in Süddeutschland.

Ich empfehle dringend Bodenproben von landwirtschaftlichen Flächen zu nehmen auf denen derart gebeiztes Saatgut ausgebracht wurde und diese auf Rückstände aller Neonikotinoide und deren Zerfallsstoffe zu untersuchen. Insbesondere schwere Böden müssten nach wiederholtem Anbau von Zuckerrübe, Raps, Kohl, Mais in Verbindung mit Neonikotinoiden bereits hochgradig kontaminiert sein.

Ich fordere Zulassungsstopp aller Neonikotinoide und vollständige Aufklärung der Umstände und Hintergründe, warum diese Mittel ohne ausreichende Untersuchungen zugelassen werden!

Die Bienen haben keine Lobby. Vielleicht haben Schmetterlinge eine !

Es ist schade, dass während wir zunehmend auf nachwachsende Rohstoffe bauen müssen, unsere besten Helfer (Insekten) hierbei, zum Teufel geschickt werden. "

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