Gehirnwäsche
Ich schlurfe ins Bad. Schon wieder die Klingel. Während ich das Wasser anlasse gehe ich zum Fenster, erkenne schemenhaft ein Fahrrad und eine ganz in schwarzes Leder gekleidete - von Weitem auf den ersten Blick für mich als "Preßwurst" identifizierte - Erscheinung. Sie kennen doch diese Motorradkleidung aus dem real-Markt, prekariatstauglich und -erschwinglich. So etwas auf dem Fahrrad, schmerzt die Augen nach so einer Nacht. Trotzdem zum zweiten Blick fähig, sehe ich – die kenne ich: Meine Gerichtsvollzieherin, sie war schon so oft da, dass ich sie getrost als meine „persönliche“ bezeichnen darf. Jetzt steht sie da am frühen Morgen, klingelt und begehrt Einlass. Und ich – nackt: Die einmalige Chance, mir die Dame in ihrer Funktion vom Hals zu halten. Wenn ich jetzt so vor ihr stehe, ergreift sie bestimmt mutig die letzte Gelegenheit für das Abenteuer ihres Lebens ... und dann ... kommt sie immer wieder, hält mir dafür die Gläubiger vom Hals und ich habe meine Ruhe...
Der dritte Blick trifft wieder dieses Fahrrad und seine in Leder gepresste Besitzerin. Erotisch wie der Bescheid, den sie mir gerade in den Briefkasten steckt. Ein sexueller Offenbarungseid. Zu welchen Gedanken ein Mann fähig sein kann, wenn ihm das Wasser bis zum Halse steht...
In meinem Kopf erzählt Bushido gerade, dass er eigentlich ein Spießer ist, was erklärt warum meine Gerichtsvollzieherin einen Moment lang erotisch war. Die Gehirnwäsche von letzter Nacht hinterlässt Wirkung. Ich erinnere mich daran, dass die Frau eigentlich ganz nett ist, auch nur ihren Job macht und beschließe: Heute schlafe ich ohne Fernsehen ein. Und morgen besorge ich das Geld.
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